Schlafstörungen gehören zu den häufigsten gesundheitlichen Beschwerden. In diesem Beitrag geht es darum, mögliche Lösungsansätze vorzustellen, die Ihnen ohne chemische Arzneimittel zu einem besseren Schlaf verhelfen können. Erfahren Sie, was Sie selbst tun können und wann es sinnvoll ist, sich an eine Gesundheitsfachperson zu wenden.
Ein bisschen Theorie
Der Schlafbedarf ist vom Alter abhängig und individuell unterschiedlich ausgeprägt. Neugeborene schlafen bis zu 18h pro Tag. Während der Kindheit sinkt der Schlafbedarf schrittweise. Die meisten Erwachsenen brauchen zwischen 6-8 Stunden Schlaf pro Nacht. Jedoch kann diese Zahl sowohl bei Kindern, wie auch bei Erwachsenen nach unten oder oben abweichen, ohne dass eine Schlafstörung vorliegt. Ausschlaggebend ist, wie man sich tagsüber fühlt. Wenn man sich fit und leistungsfähig fühlt, kann man davon ausgehen, dass der Schlaf dem eigenen Bedarf entspricht.
Es gibt akute und chronische Schlafstörungen. Viele Menschen erleben akute Schlafstörungen vor einem aufregenden Ereignis, nach einem belastenden Erlebnis oder bei einer starken Erkältung. Eine Schlafstörung wird erst als chronisch bezeichnet, wenn sie mehrmals pro Woche während mehr als drei Monaten auftritt.
Es gibt verschiedene Arten von Schlafstörungen. Die häufigsten Formen sind:
Insomnia (Ein- und Durchschlafstörungen, zu frühes Erwachen)
Schlafbezogene Atmungs- oder Bewegungsstörungen (Schlafapnoe, Restless-legs-Syndrom)
Parasomnien (Schlafwandeln, Alpträume, Nachtschreck)
Zirkadiane Rythmusstörungen (Verschiebungen vom Schlaf-Wach-Rythmus)
Wenn die Schlafqualität leidet, macht sich das als erstes durch Müdigkeit und Abgeschlagenheit bemerkbar.
Zusätzlich leiden Psyche und Körper unter:
Nervosität, Stimmungsschwankungen, depressiven Verstimmungen
Muskelverspannungen, Kreislaufproblemen, Kopf- und Nackenschmerzen
Konzentrationsproblemen
Wenn Schlafbeschwerden chronisch werden, kann das der Gesundheit langfristig schaden. Das Risiko für Herz-Kreislauf-, Stoffwechsel- und psychische Krankheiten steigt. Zudem schwächt Schlafmangel das Immunsystem. Daher steigt das Risiko für Infektionskrankheiten. Die Unfallgefahr, die durch die Müdigkeit entsteht, sollte nicht unterschätzt werden. Aus diesen Gründen sollten chronische Schlafstörungen behandelt und nicht einfach ertragen werden.
Schlafprobleme können durch psychische Faktoren, andere psychische und körperliche Erkrankungen, durch Medikamente oder andere Substanzen (Koffein, Drogen) verursacht werden.
Im folgenden werden Handlungsschritte vorgestellt, die sich vorwiegend zur Behandlung von Insomnien eignen.
1.Schritt: Schlafhygiene verbessern
Dieser Schritt löst meistens wenig Begeisterung aus und wird oftmals unterschätzt. Tatsächlich zeigt die tägliche Erfahrung in der Praxis aber, dass eine gute Schlafhygiene die Schlafqualität fördert und Schlafstörungen bei Kindern und Erwachsenen oftmals spürbar verbessern kann. Zudem bekommt man chronische Schlafstörungen ohne Einhalten einer ausreichenden Schlafhygiene kaum in den Griff.
Folgende Faktoren sollten bei der Schlafhygiene berücksichtigt werden:
Sorgen Sie tagsüber für genügend geistige und körperliche Anstrengung.
Versuchen Sie morgens oder mittags frische Luft und natürliches Sonnenlicht zu tanken.
Halten Sie möglichst regelmässige Schlaf-Wachzeiten ein. Weichen Sie nicht mehr als 30 Min davon ab, d.h.: Wecker stellen, leider auch am Wochenende.
Vermeiden Sie, tagsüber zu schlafen und dösen Sie auch nicht vor dem Fernseher ein. Machen Sie, wenn unbedingt nötig, maximal einen 20Min Power-Nap (Wecker stellen).
Das Bett sollte nur zum Schlafen benutzt werden (und nicht zum Arbeiten oder Fernsehen).
Beschränken Sie Ihre Bettzeit auf die Zeit, die Sie durchschnittlich in den letzten 7 Nächten geschlafen haben. Eine knappe Bettzeit erhöht den Schlafdruck.
Bitte kein Alkohol und keine grösseren Mahlzeiten während den 3 Stunden vor dem Schlafen. Alkohol kann zwar das Einschlafen beschleunigen, fördert aber, vor allem in der zweiten Nachthälfte, Durchschlafstörungen.
Verzichten Sie, wenn möglich auf Koffein und Teein oder trinken Sie mindestens 6-8h vor dem Schlafen keinen Kaffee oder Tee mehr. Die schlafstörende Wirkung dieser Substanzen kann bis zu 14h anhalten!
Auch Nikotin und Drogen können den Schlaf stören.
Vermeiden Sie in den 2-4 Stunden vor dem Schlafen starke körperliche Aktivität und das Benutzen von Bildschirmen. Stellen Sie die Bildschirme zumindest abends auf Nachtmodus um.
Gestalten Sie Ihre Schlafumgebung ruhig und dunkel. Für Kinder kann ein Nachtlicht hilfreich sein.
Probieren Sie Rituale vor dem Zubettgehen aus: z.B. ein Dankbarkeitstagebuch, Entspannungsrituale, Meditationen, eine warme Dusche. Damit können Sie Ihren Organismus auf den Schlaf einstimmen.
Gehen Sie erst ins Bett, wenn Sie müde sind.
Schreiben Sie die Gedanken auf, die Sie beschäftigen. Vertagen Sie Problemlösungen bewusst auf den nächsten Tag. Sie können auch eine schriftliche Vereinbarung als Ritual mit sich selber machen: Ich, xy, werde mich morgen um Problem/Thema XY kümmern. Heute Nacht ist keine gute Zeit dafür, daher werde ich mich ausruhen.
Bei längerem Grübeln kann es hilfreich sein, sich ein beruhigendes Bild oder eine Geschichte bewusst vorzustellen und jedes Mal wieder zu diesem Bild oder der Geschichte zurückzukehren, wenn Sie merken, dass das Grübeln wieder angefangen hat.
Wenn Sie nachts aufwachen, sollten Sie kein helles Licht anschalten.
Bei Kindern ist es wichtig, dass Sie ihnen helfen, abends zur Ruhe zu kommen: bitte keine aufregenden Spiele oder Hörbücher vor dem Schlafen. Halten Sie Rituale und regelmässige Abläufe ein. Klären Sie ab, wie viel Schlaf ihr Kind in seinem Alter wirklich braucht. Gar nicht so selten, ist der Schlaf bei Kindern "gestört", weil sie zu früh ins Bett gebracht werden und dann nicht einschlafen können oder nachts länger wach sind. Falls Ihr Kind erwacht, vermeiden Sie es mit ihm zu spielen oder regelmässig etwas zu essen zu geben. Es wird sich sonst an solche Rituale gewöhnen und immer wieder aufwachen.
2. Schritt: Entspannung fördern
Um schlafen zu können, muss sich der Organismus entspannen. Im Zustand der Entspannung wird das parasympathische Nervensystem stärker erregt. Dieser Teil des Nervensystems steigert seine Aktivität abends und nachts, wenn wir uns erholen und entspannen. Um seine Arbeit zu unterstützen, ist es hilfreich, abends Dinge zu tun, die diese Entspannung fördern:
Einschlafmeditationen gibt es auch für Kinder
Beruhigende Hörbücher für Kinder und Erwachsene
Schlafmusik für Kinder und Erwachsene
Ruhige Rituale oder Aktivitäten (Dankbarkeitstagebuch, warme Dusche, Handarbeit, Malen u.v.m.)
Aromalampe mit beruhigenden ätherischen Ölen benutzen (Lavendel, Mandarine, Orange, Bergamotte, Petit Grain). Bitte nicht bei Babys und Kleinkindern verwenden.
White noise oder weisses Rauschen kann nützlich sein, wenn Sie in einer lärmigen Umgebung wohnen, wie z.B. an einer stark befahrenen Strasse. Es kann auch Babys und Kleinkinder beruhigen. Es gibt verschiedene Varianten, teilweise auch mit Naturgeräuschen untermalt.
Vermeiden Sie, wenn immer möglich, Aufregung und Stress in den Stunden vor dem Schlafen (aufregende Bücher, Serien, Filme, Streitgespräche, starke körperliche oder hektische Aktivitäten u.v.m.)
Es gibt übrigens mittlerweile spezielle Kopfhörer, die während dem Schlafen benutzt werden können, z.B. in Form von Stirnbändern.
3. Schritt: Naturheilkunde und Homöopathie bei Schlafstörungen
Falls die ersten beiden Schritte nicht genügend wirksam sind, können natürliche Therapieformen, Ihren Schlaf spürbar verbessern.
Akute Schlafstörungen können Sie grundsätzlich gut selbst behandeln.
Ihrem Kind können Sie beispielsweise einen Kinder-Gute-Nacht-Tee geben oder ein spezielles Kissenspray zum Schlafen verwenden. Kissen- und Raumsprays bitte nicht bei Babys und Kleinkinder anwenden.
Bei Erwachsenen ist die Behandlung mittels beruhigender Pflanzenextrakte am einfachsten:
entspannend und leicht schlafanstossend: Orangenblüte, Lavendel, Melisse, Passionsblume (als Tee, Tinktur oder Kapseln).
stärker schlaffördernd: Baldrian, Hopfen (hochdosiert als Kapseln oder Tinkturen).
Schlaffördernde Pflanzenextrakte können einzeln oder in Kombination eingenommen werden. Lassen Sie sich dazu am besten von einer Fachperson oder in einer guten Apotheke oder Drogerie beraten. Es gibt verschiedene Fertigarzneien in Drogerien und Apotheken zu kaufen. Es ist wichtig, dass die Pflanzenextrakte genügend hoch dosiert verarbeitet und eingenommen werden, was leider oftmals nicht der Fall ist und daher den Eindruck erwecken kann, dass es nicht so wirksam ist. Viele Menschen spüren die Wirkung der Präparate innerhalb von 1-2 Nächten. Manchmal braucht es aber bis zu zwei Wochen, bis sich die vollständige Wirksamkeit aufgebaut hat.
Wichtig: beruhigende pflanzliche Extrakte, wie Baldrian und Hopfen sollten nicht ohne ärztliche Absprache zusammen mit anderen Beruhigungs- und Schlafmitteln, bzw. Psychopharmaka, eingenommen werden, da Wechselwirkungen entstehen können.
Bei chronischen Schlafstörungen ist die Situation bei Kindern und Erwachsenen meistens komplizierter. Die Schlafstörung hat oftmals eine längere Geschichte und damit tiefere Wurzeln. Zusätzlich haben sich meistens schon die Angst vor der nächsten Nacht und die Angst vor der schlechteren Leistungsfähigkeit am Folgetag eingeschlichen. Daher möchte ich Ihnen empfehlen, sich an eine Gesundheitsfachperson zu wenden, wenn die Schlafstörung chronisch geworden ist, damit Sie gemeinsam an einer Verbesserung der Situation arbeiten können. Dabei sollte unbedingt ausgeschlossen werden, dass andere Erkrankungen oder die Nebenwirkung eines Medikaments die Schlafstörung verursachen.
Manchmal wird eine kognitive Verhaltenstherapie vorgeschlagen. Dabei wird vor allem an der Schlafhygiene und an der Einstellung zum Schlaf gearbeitet. Wenn diese zwei Faktoren die Schlafstörung verursachen oder aufrechterhalten, kann die Behandlung sehr wirksam sein. Ansonsten wird sie eher einen besseren Umgang mit der weiterhin bestehenden Schlafstörung ermöglichen.
Bei den alternativ- und komplementärmedizinischen Therapien gibt es viele Möglichkeiten, Schlafstörungen zu lindern: je nach Ursache der Schlafstörung können etwa Osteopathie (mechanische Ursachen), Shiatsu (beruhigt Körper und Geist), Naturheilkunde (eher symptomatische Wirkung) oder Homöopathie (verschiedene Ursachen und Neigung, Schlafstörungen zu entwickeln) hilfreich sein.
Meiner Erfahrung nach gehört die klassisch homöopathische Behandlung langfristig zu den hilfreichsten Behandlungsmethoden bei vielen Formen von chronischen Schlafstörungen, selbst wenn diese schwerer ausgeprägt sind, da die Homöopathie auch die persönliche Neigung, Schlafstörungen zu entwickeln, mitbehandeln kann. Für die Behandlung werden die Art der Schlafstörung, die Entstehungsgeschichte sowie persönliche und körperliche Begleitumstände berücksichtigt. Damit wird eine ganzheitliche und individuelle Behandlungsweise erreicht, die an der Wurzel des Problems ansetzt. Oftmals können relativ schnell erste Verbesserungen erreicht werden, wobei die Homöopathie vor allem langfristig grosse Vorteile bietet: keine Gewöhnung, keine Abhängigkeit und eine oftmals anhaltende Verbesserung im Gegensatz zu vielen anderen Behandlungsoptionen.
Man kann die Homöopathie bei Bedarf mit den meisten anderen Behandlungsmethoden, wie Osteopathie, Shiatsu, pflanzliche Präparate oder schulmedizinische Behandlungen kombinieren.
Aufgrund des Risikos von Nebenwirkungen und Abhängigkeit, sollte man nur wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, eine schulmedizinische medikamentöse Therapie in Erwägung ziehen.
Bei akuten Schlafstörungen werden typischerweise Beruhigungs- und Schlafmittel verschrieben. Aufgrund des hohen Risikos für die Entwicklung einer Abhängigkeit, sollten solche Medikamente nur kurzfristig und sehr zurückhaltend eingesetzt werden.
Bei chronischen Schlafstörungen werden oftmals beruhigende Antidepressiva oder Neuroleptika eingesetzt.
Auch bei der Entwöhnung von Schlaf- und Beruhigungsmitteln können Heilpflanzen, wie Baldrian, Passionsblume und Hafer eingesetzt werden, um auftretende Symptome (Schlafstörungen, innere Unruhe, Angst) zu lindern.
Fazit
Bei Schlafstörungen können Sie durch eine konsequente Verbesserung der Schlafhygiene und das Einhalten von entspannenden Aktivitäten vieles selber dazu beitragen, dass sich die Schlafqualität verbessert.
Falls Sie trotzdem nachts nicht zur Ruhe kommen, können Sie auf vielfältige Behandlungsmöglichkeiten innerhalb der Alternativmedizin und Komplementärtherapie zählen.
Im Bericht Homöopathie- Fallbericht: bitte eine Mütze Schlaf! finden Sie ein Anwendungsbeispiel aus der Praxis.
Die Autorin
Rachel Keizer ist ausgebildete Naturheilpraktikerin mit eidgenössischem Diplom in der Fachrichtung Homöopathie. Sie führt eine Praxis für klassische Homöopathie in Zürich, wo sie Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit unterschiedlichsten Beschwerden betreut. Ihr Fokus liegt auf der homöopathischen Behandlung, wobei sie bei Bedarf gerne auch fachübergreifend arbeitet, um den Therapieverlauf zu verbessern. In ihrer Freizeit findet man sie vorwiegend im Wald oder unter Wasser. Mehr Informationen über die Autorin finden Sie auf der Seite Porträt.
Comentários